INFO: alles über Fliesen-Rutschhemmung
Während rutschhemmende Fliesen in öffentlichen und gewerblichen Bereichen zwingend vorgeschrieben sind, gibt es für den privaten Bereich diesbezüglich keinerlei Verpflichtung. Warum Sie aber trotzdem auch in den eigenen vier Wänden auf die Rutschfestigkeit Ihrer Fliesen achten sollten und wie Sie für die nötige Trittsicherheit sorgen, erfahren Sie im folgenden Artikel.
Achtung, Rutschgefahr!
Universell einsetzbar und strapazierfähig, gleichzeitig optisch ansprechend und pflegeleicht: Ein Bodenbelag aus Fliesen bietet unbestritten viele Vorteile. Wenn da nicht dieser kleine, aber mitunter folgenschwere Wermutstropfen wäre.
Bei Nässe oder Feuchtigkeit können Fliesen nämlich schnell ziemlich glatt werden. Denn Wasser, Fett und Schmutz verringern den Haftreibwert der Oberfläche deutlich. Besonders im Bad, rund um den Pool, auf der Terrasse oder auch in der Küche reicht dann oft schon ein falscher Schritt aus, um den Halt zu verlieren.
Das ist nicht nur ärgerlich, sondern kann vor allem auch gefährlich werden. Laut Unfallstatistik zählen unzureichend rutschsichere Fußböden zu den häufigsten Ursachen für Stürze und Verletzungen. Ein guter Grund also, um in Bereichen mit erhöhter Rutschgefahr auf ausreichende Sicherheit Wert zu legen.
Rutschfeste Fliesen: Darauf kommt es an
Wenngleich rutschhemmende Fliesen im privaten Bereich kein Muss sind, so sind sie doch die beste Vorbeugung gegen Unfälle. Am besten ist es daher, bereits bei der Planung und Kaufentscheidung auf die Rutschsicherheit von Fliesen zu achten.
Material und Format
Einen ersten sichtbaren Hinweis gibt dabei bereits das Material bzw. die Struktur der Oberfläche. Generell gilt die Regel: Je rauer eine Fliese ist, desto höher die Rutschhemmung. So sind unbehandelte Fliesen aus Naturstein oder Feinsteinzeug zum Beispiel von Haus aus relativ rutschhemmend, während glasierte, imprägnierte oder hochglänzend polierte Fliesen den Anforderungen generell weniger gerecht werden können.
Die Größe der Fliesen hat ebenfalls Einfluss auf die Rutschfestigkeit: Bei kleineren Formaten ist der Fugenanteil auf der Bodenfläche höher – und auch das wirkt sich positiv auf die Rutschhemmung aus. Nicht zuletzt deshalb kommen vor allem in Bereichen mit erhöhtem Aufkommen an Wasser (z. B. Duschen oder Schwimmbäder) auch gerne Mosaik-Fliesen zum Einsatz, da die vielen Fugen dem Boden eine Art Bremswirkung verleihen.
Rutschsicherheitsklassen nach DIN-Norm
Wie rutschhemmend die Fliese letztendlich aber tatsächlich ist, lässt sich jedoch nicht auf einen Blick feststellen. Viel entscheidender ist daher die Kennzeichnung anhand genormter Rutschhemmungsklassen. Diese haben jedoch nichts mit der Fliesen Abriebgruppe gemein.
Diese sind zwar vorrangig für die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen an Anti-Rutsch-Fliesen im gewerblichen bzw. öffentlichen Bereich von Bedeutung, bieten aber natürlich auch privaten Konsumenten eine zuverlässige Orientierungshilfe bei der Auswahl der geeigneten Fliesen.
Beurteilung der Rutschfestigkeit: Fliesen im Testverfahren
Wie bei jedem anderen Bodenbelag auch erfolgt die Beurteilung der Rutschfestigkeit bei Fliesen nach einem speziellen Verfahren: der sogenannten Begehung auf schiefer Ebene. Um den Haftreibwert der Fliesen zu ermitteln, geht eine fachkundige Versuchsperson des Fliesen-Herstellers auf der zu testenden Fläche hin und her, wobei deren Neigungswinkel durch einseitiges Anheben immer mehr erhöht wird. Je nachdem, in welchem gewerblichen Bereich der Bodenbelag eingesetzt werden soll, erfolgt die Prüfung entweder mit Schuhwerk auf Öl oder barfuß auf Wasser, um eine möglichst reale Benutzung zu simulieren. Sobald die Testperson auf der präparierten Oberfläche zu rutschen beginnt bzw. unsicher wird, endet der Versuch.
Klassifizierung nach Bewertungsgruppen
Anhand dieser Ergebnisse werden rutschhemmende Fliesen nun den entsprechenden Bewertungsgruppen R9 bis R13 nach DIN-Norm 51130 wie folgt zugeteilt
Klasse R9:
geringer Haftreibwert, trittsicher bei einem Neigungswinkel von 6 – 10°, geeignet für z. B. Wohnräume, Innentreppen, Eingangsbereiche etc.
Klasse R10:
normaler Haftreibwert, trittsicher bei einem Neigungswinkel von 11 – 19°, geeignet für z. B. Außentreppen, bzw. Fliesen im Außenbereich, Badezimmer, Balkone / Terrassen etc.
Klasse R11:
erhöhter Haftreibwert, trittsicher bei einem Neigungswinkel von 20 – 27°; geeignet für z. B. Außenanlagen,
Klasse R12:
großer Haftreibwert, trittsicher bei einem Neigungswinkel von 28 – 35°, geeignet für z. B. Kühlhäuser, Krankenhäuser, Großküchen
Klasse R13:
sehr großer Haftreibwert, trittsicher bei einem Neigungswinkel von über 35°, geeignet für z. B. Werkstätten, Schlachthöfe, Produktionshallen etc.
Ist der Bodenbelag außerdem auch für den Einsatz in sogenannten nassbelasteten Barfußbereichen nach DIN 51097 geeignet, wird den Fliesen ein zusätzlicher Wert hinzugefügt:
Klasse A:
sehr geringe Rutschhemmung, Trittsicherheit bis zu einem Neigungswinkel von 12°, geeignet für trockene bis maximal feuchte Böden
Klasse B:
mittlere Rutschhemmung, Trittsicherheit bis zu einem Neigungswinkel von 18°, geeignet für nasse Böden
Klasse C:
hohe Rutschhemmung, Trittsicherheit bis zu einem Neigungswinkel von 24°, geeignet für Schwimmbäder
Welche Rutschhemmung Fliesen im privaten Wohnraum brauchen
Je nachdem, welcher Rutschklasse Fliesen zugeordnet sind, ergeben sich daraus die möglichen Einsatzbereiche. Allerdings gilt es dabei immer im Hinterkopf zu behalten, dass die Bewertungsgruppen in erster Linie im gewerblichen Bereich gelten – und dort weitaus höhere Anforderungen an die Fliesen-Rutschhemmung bestehen, als in der privaten Nutzung. Zusätzlich steigt bei Fliesen höherer Rutschhemmungsklassen auch der Reinigungsaufwand, da die Oberfläche rauer ausgebildet ist. Die Devise in Bezug auf die Trittsicherheit zu Hause lautet daher: Weniger ist oft mehr.
Üblicherweise werden für den normalen Hausgebrauch deshalb hauptsächlich Fliesen der Bewertungsgruppen R9 und R10 verlegt. Selbst deren „niedriger“ bis „normaler“ Haftreibwert erfüllt die Anforderungen an eine ausreichende Rutschhemmung in der Regel vollkommen, ohne dass der Bodenbelag an Attraktivität und Komfort verliert.
In Sanitärräumen oder Außenbereichen lässt sich durch die Bewertungsgruppen „B“ oder „C“ sowie mit Fliesen R10 und R11 bei Bedarf ein höheres Maß an Rutschsicherheit erzielen. Vor allem, wenn dort häufig barfuß gegangen wird, kann das natürlich durchaus empfehlenswert sein. Fliesen der Klassen R12 und R13 sind hingegen grundsätzlich für spezielle, meist industrielle Bereiche konzipiert und daher für die private Nutzung nicht mehr relevant.
Glatte Fliesen rutschfest machen
Idealerweise wird die Rutschfestigkeit also bereits bei der Planung bzw. der Verlegung berücksichtigt. Doch auch wenn sich erst nachträglich herausstellt, dass bestimmte Bereiche zu rutschig sind, muss das im wahrsten Sinne des Wortes noch lange kein Beinbruch sein. Denn auch im Nachhinein gibt es verschiedene Methoden, um die Rutschhemmung zu verbessern:
- Eine einfache, aber sehr wirksame Möglichkeit sind selbstklebende Anti-Rutschstreifen. Diese werden einfach punktuell auf die glatten Stellen aufgeklebt und sorgen so für mehr Grip. Sie eignen sich besonders für Treppenstufen, können aber auch in Nassbereichen eingesetzt werden.
- Um die Trittsicherheit auf größeren Flächen zu erhöhen, bieten sich Klebebeläge und Folien an, die ebenfalls relativ unkompliziert angebracht werden können.
- Darüber hinaus gibt es spezielle rutschhemmende Beschichtungen bzw. Lacke, mit der die gesamte Oberfläche versehen werden kann.
- Partiell kann der Boden auch mittels einer Bodenschutzmatte rutschfest gemacht werden.
- Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Fliesen mechanisch (z. B. durch Sandstrahl- oder Drucklufttechnik), chemisch (z. B. Fluor, Chlor oder Ammoniumverbindungen) oder mit Lasertechnik zu behandeln und dadurch die Oberfläche zusätzlich aufzurauen.